Entgeltordnung für Lehrkräfte und Einstieg in die Paralleltabelle

Welche Bemühungen gab es vor der Einkommensrunde 2015?

Fakt ist, dass beide Gewerkschaften – GEW und dbb – seit etwa zehn Jahren versucht haben, für die ca. 200.000 Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis eine tarifliche Entgeltordnung zu verhandeln. Bis zur Einkommensrunde 2013 hatte es im Rahmen einer solchen Einkommensrunde schon zwei Anläufe gegeben, eine Entgeltordnung zu platzieren. Dies ist jedes Mal am Widerstand der Arbeitgeber gescheitert.

Der dbb hat nach der Lohnrunde 2013 in mühevoller Kleinarbeit die TdL davon überzeugt, nun alles zu unternehmen, die verhandlungsfreie Zeit bis zur Einkommensrunde 2015 zu nutzen, um ein eigenes Entgeltsystem zu entwickeln. Zwingende Vorgabe der Arbeitgeber war aber von Anfang an, dass dieses System sich am bestehenden Beamtenrecht auszurichten hat. Die Gewerkschaften dbb und GEW haben dies von Anfang an gewusst und sich auf dieses System eingelassen. Daraus ist dann am Ende der Verhandlungen das sogenannte „Lehrerpaket“ geworden. Weitergehende Forderungen der Gewerkschaften wurden von den Arbeitgebern in die Einkommensrunde verortet.

Potsdamer Tarifeinigung für Lehrkräfte – deutlich mehr Wert als 30 Euro

Der dbb hat die Tarifeinigung mit der TdL zur Eingruppierung von angestellten Lehrkräften mit seinen sechs Lehrer-Fachgewerkschaften am Verhandlungstisch auf Arbeitnehmerseite exklusiv erzielt. In Potsdam fand damit nach über einjährigen Verhandlungen zur Lehrkräfte-Entgeltordnung kein gemeinsamer Zieleinlauf mit der GEW statt, mit der ab September 2014 gemeinsam verhandelt wurde.

Natürlich gab es höhere Forderungen, die der dbb gemeinsam mit der GEW formuliert hatte. Dennoch stellen die bis einschließlich 28. März 2015 mit der TdL gefundenen Regelungen für den dbb eine akzeptable Einigungsgrundlage zur Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte dar. Am Ende stand die schwierige Entscheidung, entweder an den Maximalforderungen festzuhalten, das heißt, alle Lehrkräfte bis EG 11 auf einen Schlag jeweils eine Entgeltgruppe höher einzugruppieren oder einen Kompromiss einzugehen.

Unser Weg:

Die Gremien des dbb haben mit großer Mehrheit entschieden,

  • den Teufelskreis der in bisherigen Einkommensrunden angesammelten Misserfolge zu durchbrechen,
  • nunmehr mit den Ländern Regelungen zur Eingruppierung der rund 200.000 Lehrkräfte mit oder ohne vollständiger Lehrerausbildung durch eine Entgeltordnung zum August 2015 zu vereinbaren,
  • dabei den Einstieg in die Paralleltabelle zum August 2016 mit unmittelbar anschließender Aufstiegsperspektive im Jahr 2017 konkret auszugestalten sowie
  • die Entgeltordnung für Lehrkräfte durch sachliche und beharrliche Tarifarbeit weiter zu verbessern.

Tarifeinigung beendet den Teufelskreis der Misserfolge

Erstmals bekommen die angestellten Lehrkräfte Zugriff auch auf die Regelungen zur Eingruppierung. Durch ihre Interessenvertretung haben sie das Werkzeug zur Mitgestaltung selbst in der Hand. Das ist ein tarifpolitischer Wert an sich. Das kann nur ein Tarifvertrag als künftig ausbaubare Verhandlungsgrundlage gewährleisten.

Hierzu zählt, dass bereits durch die Tarifeinigung die Abschaffung der bisherigen Arbeitgeber-Richtlinien zur Lehrkräfte-Eingruppierung bewirkt wird. Dies stellt insbesondere in den ostdeutschen Ländern eine weitere West-Angleichung und damit Gerechtigkeit her. Unser Argument: Die Abschaffung insbesondere der TdL-Richtlinie Ost bedeutet, dass Lehrkräfte mit gleicher Ausbildung und Tätigkeit in allen Ländern nach den gleichen Regeln eingruppiert sind und die Einteilung in die Tarifgebiete Ost und West endgültig vorbei ist.

Hintergrund:

Die bundesweite Fixierung der Eingruppierung von Lehrkräften ist die einzig mögliche Grundlage für die Ausgestaltung und Aufwertung des Lehrerberufs durch Verhandlungen. Diese Verhandlungsgrundlage tritt an Stelle der bislang durch die Arbeitgeber einseitig festgelegten und dadurch der Mitgestaltung entzogenen Zuordnung zu den Entgeltgruppen des TV-L.

Entgeltordnung heißt verbesserte Eingruppierung

Die Tarifeinigung schafft durch die mit der TdL ausgehandelten Verbesserungen in der tariflichen Zuordnung ab August 2015 Möglichkeiten der Höhergruppierung, weil die bisherige Tätigkeit besser eingruppiert ist und erstmals Entgeltgruppenzulagen für Lehrkräfte zustehen. Das ist die individuelle Aufwertung der Tätigkeit als Lehrkraft.

Beispiele:

Die Entgeltordnung bietet strukturelle Verbesserung gegenüber der bisherigen einseitigen Zuordnung durch die jeweiligen Lehrerrichtlinien unter anderem für

  • Lehrkräfte ohne eine vollständige Lehrer-Ausbildung und Seiteneinsteiger: Für sie wird das Entgeltniveau um bis zu drei Entgeltgruppen angehoben;
  • Lehrkräfte, die lediglich über ein 1. Staatsexamen verfügen: Sie haben die gleichen Beförderungsmöglichkeiten wie Lehrkräfte mit 2. Staatsexamen;
  • Kunst-, Musik- und Sportlehrer: Sie werden Lehrkräften mit vergleichbaren Abschlüssen in anderen Fachrichtungen gleichgestellt;
  • Lehrkräfte im Freistaat Sachsen mit einer erst nach der Wiedervereinigung abgeschlossenen Ausbildung nach dem Recht der ehemaligen DDR: Sie können in die gleiche Entgeltgruppe höhergruppiert werden wie ihre Kollegen mit Abschluss vor dem 3. Oktober 1990.

Unser Argument:

Verschlechterungen für Beschäftigte infolge der Einführung der Entgeltordnung sind ausgeschlossen. Demgegenüber werden vor allem für viele der rund 40.000 Lehrkräfte in Deutschland, die nicht über eine vollständige Lehrerausbildung verfügen, aber aufgrund bestimmter Bedarfe zur Unterrichtsversorgung in den Schulen unentbehrlich sind, zahlreiche Verbesserungen in der Eingruppierung bereits zum August 2015 möglich.

Tarifeinigung ist der Einstieg in die Paralleltabelle

Die Tarifeinigung ist der Einstieg in die Paralleltabelle, also in die der Besoldungsgruppe beamteter Lehrer analoge Eingruppierung angestellter Lehrer. Ab August 2016 wirkt die erste Stufe des Annäherungsverfahrens zwischen dbb und der TdL mit dem Ziel, die Eingruppierung vollständig am Besoldungsrecht der beamteten Kolleginnen und Kollegen in jeweils denselben Lehrerzimmern zu orientieren. In 2017 erfolgt der nächste, dann auf 30 Euro im Monat aufbauende Schritt zur endgültigen Umsetzung der Paralleltabelle für angestellte Lehrkräfte. Das ist die Aufwertung des Bezahlungssystems von Lehrkräften.

Beispiel:

Angenommen, eine Lehrerin an einer Realschule hat einen FH-Abschluss als Physikerin, unterrichtet neben Physik außerdem Mathematik und war nach der abgelösten TdL-Lehrerrichtlinie zuvor noch der EG 10 zugeordnet. In dem Beispielsland wäre sie als beamtete Lehrerin in Besoldungsgruppe A 12. Demgegenüber ist sie ab August 2015 mit In-Kraft-Treten der Entgeltordnung zunächst nach EG 11 eingruppiert, erhält aber ab August 2016 die Zulage von 30 Euro. Dies macht ¼ der betragsmäßigen Höhergruppierung beispielsweise aus Stufe 2 der EG 11 aus. Bei einer angenommenen Höhergruppierung aus Stufe 4 der EG 11 sind die 30 Euro bereits die Hälfte des Höhergruppierungsgewinns wegen des in EG 12 wirksamen Garantiebetrages. Bereits im Jahr 2017 wird die zwischenzeitlich ausverhandelte Erhöhung der Zulage wirksam und schließt die Lücke zur höheren EG 12 weiter.

Unser Argument:

Die Tarifeinigung stellt die Paralleltabelle zwar noch nicht abschließend her, aber sie schreibt insbesondere den Einstieg und den Zeitpunkt für den nächsten Schritt in ihre Richtung konkret vor.

Für Lehrkräfte, die derzeit niedriger als in Entgeltgruppe 12  eingruppiert sind, wird mit dem Annäherungsverfahren die bestehende Entgeltdifferenz zur nächst höheren Entgeltgruppe (beziehungsweise von der sogenannten „kleinen EG 9“ in die EG 9) durch Angleichungszulagen schrittweise reduziert, bis zum künftigen Ergebnis einer Höhergruppierung insbesondere von EG 11 nach EG 12 (= A 12), von EG 10 nach EG 11 (= A 11), von EG 9 nach EG 10 (= A 10), von EG 9 klein nach EG 9 (= A 9). Diese Lehrkräfte erhalten ab August 2016 eine dauerhafte Zulage von 30 Euro, die weiter erhöht wird.

Das ist also keine Einmalzahlung, sondern ein fester Bestandteil des Gehalts. Für einen Be-schäftigten in EG 9 bedeutet das bereits in dieser Tarifrunde ein zusätzliches Entgelt-Plus von rund 1 Prozent.

Unser Standpunkt: Tarifvertrag heißt Mitgestaltung

Wer die Einkommens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten rechtssicher gestalten will, braucht anerkannte Verhandlungsergebnisse.

Unser Argument:

Mit der Einigung gelingt sowohl der Einstieg als auch die konkrete Aufstiegsperspektive in die vom dbb angestrebte Aufwertung des Lehrerberufs und die Anhebung der Lehrkräfte-Bezahlung. Durch die Tarifeinigung werden wesentliche Arbeitsbedingungen gegenüber rund 200.000 Beschäftigten der Länder erstmals überhaupt verhandelbar. Konkrete Schritte sind bereits vereinbart, weitere Schritte werden folgen.

Hintergrund:

Für Lehrkräfte galt bislang keine zwischen ihren Interessenvertretungen und den Arbeitgebern ausverhandelte Zuordnung von Tätigkeiten zu den Entgeltgruppen des TV-L (Eingruppierung). Vielmehr beanspruchten die Länder nach Maßgabe von Richtlinien ein einseitiges Bestimmungsrecht, wie Lehrkräfte bezahlt werden: getrennt nach den Tarifgebieten West und Ost und nochmals gesondert im Freistaat Sachsen, der abgesehen von Schulleitungsfunktionen keine Verbeamtungen im Lehrkräfte-Bereich vornimmt.

Demgegenüber ist der dbb angetreten, den insoweit völlig tariflosen Zustand bei der Lehrkräfte-Eingruppierung zu beenden. Lehrkräfte stellen zwar rund jeden vierten Landesbeschäftigten und sind insbesondere unter den Mitgliedsgewerkschaften des dbb stark vertreten. Jedoch blieb dieser wichtigen Beschäftigtengruppe eine Regelung der Eingruppierung auch ab 2012, als die Entgeltordnung zum TV-L umgesetzt werden konnte, weiterhin vorenthalten. Trotz intensiver Auseinandersetzungen um die Frage einer Lehrkräfte-Entgeltordnung, seit der Einkommensrunde 2009 und zuletzt in der Einkommensrunde 2013, war bislang keine Einigung mit den Ländern möglich, Lehrkräfte in die Systematik der tariflichen Eingruppierung einzubeziehen.