Sachlich bleiben zur Tarifeinigung für Lehrkräfte

Die Einkommensrunde 2015 mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) endete am 28. März 2015 mit einem Kompromiss, der erstmals auch die Entgeltordnung für Lehrkräfte umfasst. Dabei handelt es sich speziell bei dem Teil des Ergebnisses, der sich mit den angestellten Lehrkräften befasst, tatsächlich nicht um einen rauschenden Sieg, sondern um einen Einstieg, um einen Anfang also, der in den nächsten Jahren ausgebaut werden muss. Der Potsdamer Abschluss ist ein Kompromiss. Den muss man nicht gut finden, den kann man auch ablehnen! Aber zweierlei darf dabei nicht vergessen werden:

Peinliche Dolchstoßlegende

Erstens: Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat über viele Jahre und Einkommensrunden hinweg mit ihren Forderungen zwar die Erwartungshaltung der Kolleginnen und Kollegen in die Höhe getrieben, dabei jedoch alljährlich nichts erreicht. Das weiß auch die GEW und das hat auch der Teil der Medien, der sich länger mit dem Thema befasst, längst herausgestellt.

Die Reaktion der GEW:

Statt Selbstkritik zu üben und Realismus erkennen zu lassen, wird ein Sündenbock gesucht und davon gesprochen, dass „der dbb uns in den Rücken gefallen“ sei. Solche Dolchstoßlegenden haben in Deutschland eine schlechte Tradition. Wir hoffen, dass dieses Niveau lediglich der ersten Enttäuschung über die eigenen Fehler entspringt und die GEW bald wieder zur Sacharbeit zurückkehrt. Für eine Zusammenarbeit im Interesse der Lehrerinnen und Lehrer ist der dbb stets offen.

Die richtigen Konsequenzen ziehen

Zweitens: Es stimmt – die Lehrerinnen und Lehrer hatten einen hohen Anteil an der Aktionsfähigkeit während der zurückliegenden Einkommensrunde. Es stimmt auch, dass der GEW bei dieser Mobilisierungsfähigkeit ein hoher Verdienst zukommt. Es stimmt aber leider auch, dass diese Mobilisierungsfähigkeit in dieser, wie auch in den zurückliegenden Einkommensrunden, nicht zu den von GEW und dbb gemeinsam verfolgten tarifpolitischen Zielen geführt hat. Der Versuch, eine komplette Entgeltordnung nach unseren – berechtigten(!) – Wünschen durchzusetzen, ist über mehrere Jahre hinweg nicht gelungen. Das scheint die GEW jetzt zu verdrängen. Es galt und gilt also, die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Aus Sicht des dbb ist es vernünftig, wenn der große Sieg nicht gelingen will, das Ziel in Etappen zu erreichen. Wer sich jetzt in die Meckerecke stellt und Dolchstoßlegenden erfindet, hilft den Kolleginnen und Kollegen in den Lehrerzimmern keinen Deut! Der dbb wird auch in Zukunft Realpolitik für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes betreiben. Ob das mit der GEW geschehen wird, hängt von ihr selbst ab.

Die traurige Uneinigkeit der GEW

Wenn die GEW heute behauptet, sie habe „den dbb durch die Verhandlungen durchschleppen müssen“, muss sie zuerst die Frage beantworten, welche GEW hier gemeint ist.

  • Die GEW, die sich an den gemeinsamen Verhandlungen mit der TdL erst gar nicht beteiligt hat, weil sie eine bundesweite Lösung gar nicht wollte?
  • Die GEW, die sich nur an den Verhandlungen beteiligt hat, um dafür zu sorgen, dass es kein Ergebnis gibt, um dann wieder auf Landesebene weiterwursteln zu können?
  • Die GEW, die lieber Brutto-Netto-Vergleiche angestellt hat, anstatt Tarifpolitik zu gestalten?
  • Oder doch die GEW, mit der wir tatsächlich in den letzten Monaten ordentlich zusammengearbeitet haben?

Wir sind gespannt, welche dieser vielen „GEWen“ sich durchsetzt. Der dbb und seine Fachgewerkschaften werden auch in der Zwischenzeit verantwortlich Tarifpolitik gestalten und dazu zählt auch die Weiterentwicklung der Entgeltordnung für Lehrkräfte – denn nach den Verhandlungen ist vor den Verhandlungen.

Die Potsdamer Tarifeinigung für Lehrkräfte – deutlich mehr Wert als 30 Euro

Natürlich gab es höhere Forderungen, die der dbb gemeinsam mit der GEW formuliert hatte. Am Ende stand die schwierige Entscheidung, an den Maximalforderungen festzuhalten, das heißt, alle Lehrkräfte der EG 9 bis EG 11 eine Entgeltgruppe höher einzugruppieren oder einen Kompromiss einzugehen. Wir haben den Teufelskreis der Misserfolge durchbrochen und damit den Einstieg in eine Entgeltordnung geschafft, die zum 1. August 2015 in Kraft tritt.

Die Eingruppierung aller Lehrkräfte in den Ländern wird zukünftig durch einen einheitlichen Tarifvertrag zwischen der TdL und dem dbb geregelt, der uns das Erheben von Tarifforderungen ermöglicht. Die Richtlinien der Länder und der TdL mit ihren Differenzierungen zwischen Ost und West gehören damit der Vergangenheit an. Verschlechterungen für Beschäftigte infolge der Einführung der Entgeltordnung sind ausgeschlossen.

Für Lehrkräfte, die derzeit niedriger als in Entgeltgruppe 12 eingruppiert sind, wird mit einem Annäherungsverfahren die bestehende Entgeltdifferenz zur nächst höheren Entgeltgruppe (bzw. von der „kleinen EG 9“ in die EG 9) durch Angleichungszulagen schrittweise reduziert, bis am Ende die Eingruppierung nach der „Parallel-Tabelle“ vollzogen wird. Diese Lehrkräfte erhalten ab August 2016 eine dauerhafte Zulage von 30 Euro, die weiter erhöht werden wird. Das ist also keine Einmalzahlung, sondern ein fester Bestandteil des Gehalts.

Für einen Beschäftigten in EG 9 bedeutet das bereits in dieser Tarifrunde ein zusätzliches Plus von rund 1 Prozent. Auch für viele der ca. 40.000 Lehrkräfte in Deutschland, die nicht über eine vollständige Lehrerausbildung verfügen, aber aufgrund bestimmter Bedarfe unentbehrlich sind, werden zahlreiche Verbesserungen der Eingruppierung bereits zum 1. August 2015 möglich sein.

Quelle: dbb