Inklusion: Köpfe aus dem Sand!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

so mancher von Ihnen war am 2. Mai dabei, als der neue Dokfilm „Ich. Du. Inklusion.“ zu einer exklusiven Vorpremiere im Erfurter Cinestar lief. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – aber mir persönlich gehen viele Szenen auch jetzt noch nahe, wenn ich sie mir ins Gedächtnis zurückrufe.

Dass der tlv diesen besonderen Film nach Thüringen geholt hat, war kein Zufall und auch keine spontane Laune. Wir haben dies im Zuge unserer Bemühungen getan, die Politiker dieses Landes zu mehr Ruhe und Besonnenheit bei der Umsetzung der Inklusion in den Schulen zu bewegen. Unsere dabei öffentlich gemachte Aussage, dass im Prinzip keiner mehr mit uns über Inklusion reden sollte, der nicht den Film gesehen hat, war sicher etwas auf die Spitze getrieben – hat aber doch das Kernproblem gut beschrieben: Viele Verantwortliche haben viel zu lange den Kopf in den Sand gesteckt und in guter, alter Vogel-Strauß-Manier über das Thema gesprochen, ohne jemals wirklich hingesehen zu haben.

Inzwischen haben wir vieles erreicht. Dass der Ministerpräsident im großen Stil Tempo aus der Sache genommen und dabei auch die Eckpunkte zum ursprünglich für den Herbst 2016 geplanten inklusiven Schulgesetz praktisch zurückgenommen hat, dürfen wir uns guten Gewissens auf die Fahne schreiben. Unsere zentrale Forderung ist damit umgesetzt worden. Allerdings wird vonseiten der Landesregierung immer noch viel zu sehr der Ist-Zustand gelobt, von dem Sie und ich – und alle, die den Film gesehen haben – wissen, wie katastrophal er in Wirklichkeit ist. Uns ging es nie nur darum, das Gesetz aufzuhalten: Wir wollen den Status quo verändern und damit für alle erträglich machen.

Am 29. Mai wurde die vom VBE in Auftrag gegebene und vom tlv mitfinanzierte Forsa-Studie zum Thema Inklusion auch bei uns in Erfurt vorgestellt. Die Ergebnisse haben unsere Warnungen eindrücklich untermauert und in den Medien einige Wellen geschlagen. Wenn der amtierende Kultusminister Hoff im Vorfeld bei Twitter schreibt, er „freue sich auf die Erkenntnisse“ aus der Studie, ist das ein deutliches Zeichen für eine Wertschätzung, die wir lange Zeit schmerzlich vermisst haben. Sie kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch viel zu tun gibt.

Wann immer Sie also jemandem begegnen, der beim Thema Inklusion nur Unverständliches aus seinem kleinen Sandhügel murmelt, stupsen Sie ihn ruhig an und nötigen Sie ihn, den Kopf aus dem Sand zu nehmen.

Wir brauchen wache Mitstreiter, die sich nicht scheuen, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen.

Ihr

Rolf Busch