Digitalisierungswüste Thüringen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in diesen Tagen erreichen uns immer wieder Anfragen, die sich um das Thema digitales Lernen drehen. Dies ist verständlich, denn angesichts der aktuellen Situation sind wir dringend darauf angewiesen – und werden es aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch eine ganze Weile sein: Der Umfang des häuslichen Lernens wird wohl noch über einen längeren Zeitraum hinweg hoch bleiben.

Für die Schulen bedeutet das, dass sie jetzt ausgleichen müssen, was die Politik in den letzten fünf bis zehn Jahren verschlafen hat. Unter schwierigsten Bedingungen müssen sie nun sehr kreativ sein, um den Digitalisierungsrückstand irgendwie auszugleichen. Und obwohl wir uns – bildlich gesprochen – seit Wochen auf stürmischer Fahrt befinden, trägt die Politik nach wie vor nur sehr, sehr wenig dazu bei, dass diese Mammutaufgabe bewältigt werden kann:

  • Bereits im März, unmittelbar nach der Schließung der Schulen, haben wir auf das Lerntutorial zum Umgang mit der Schulcloud aufmerksam gemacht und den Anmeldeprozess erläutert. Dankenswerter Weise haben sich daraufhin viele von Ihnen in ihrer Freizeit – und neben all den neuen Herausforderungen – damit beschäftigt. Viele Schulen haben inzwischen die Odyssee der Anmeldung hinter sich gebracht.
  • Fast gleichzeitig, nämlich am 1. April, haben wir uns schriftlich an die Spitzen des TMBJS und des ThILLM gewandt, haben den Verantwortlichen dort Hinweise auf das komplizierte Anmeldeverfahren in Thüringen gegeben und aufgezeigt, wie einfach der Prozess in anderen Bundesländern ist. Bis heute haben wir auf dieses Schreiben keine Antwort erhalten.
  • Inzwischen haben wir das Ministerium mehrfach und auf verschiedenen Wegen auf die Notwendigkeit eines datenschutzkonformen Videochat-/Videokonferenzsystems hingewiesen. Darüber hinaus hat sich eines unserer Mitglieder per E-Mail direkt an den Landesdatenbeauftragten gewandt und sechs Tage später diese für uns absolut nicht nachvollziehbare Antwort (hier klicken)

Kurzgefasst: Man sagt den Schulen wieder einmal ganz genau, was sie nicht dürfen, und dass sie aber bei allem, was sie in der Not (trotzdem) tun, ganz allein verantwortlich sind.

Und auch sonst lässt die Kommunikationspolitik in Sachen digitales Lernen leider sehr zu wünschen übrig. Obwohl wir als tlv uns seit fast zwei Monaten aktiv für dieses Thema einsetzen, haben wir dieser Tage eher zufällig und auf anderen Kanälen erfahren, dass

  • das Hasso-Plattner-Institut (HPI), welches die Schulcloud entwickelt hat, plant, das Videokonferenzsystem BigBlueButton in die Schulcloud zu integrieren (Die kürzlich hierzu an die Schulen verschickte Information des HPI halten wir wegen dieser Erweiterung für nötig und unbedenklich, es ist hier nichts weiter zu unternehmen.) und
  • dass mehrere Funktionen aus der Schulcloud in Thüringen (noch?) nicht verfügbar sind, während sie bundesweit den Schulen auf deutlich einfacherem Weg und mit höherem Funktionsumfang zur Verfügung stehen.

Heute Mittag vermeldete zudem der MDR, dass „in Thüringen seit dieser Woche sichere Videokonferenzen für den digitalen Schulunterricht möglich“ sind. Wie gut, dass wir die Nachrichten lesen … ! Vermutlich haben auch die Schulen bisher weder die Info, dass dies so ist, noch Unterstützung bei der praktischen Umsetzung erhalten.

Deshalb planen wir bereits mit Hochdruck, wie wir im Rahmen unserer tlv Akademie die Schulen beim Umgang mit der Schulcloud und dem Videochat-/Videokonferenzsystem BigBlueButton zu unterstützen und damit einen wichtigen Teil dessen übernehmen können, was wir vom Land bisher vermissen.

Gemeinsam bekommen wir das hin.

Ihr tlv