tlv zu Vorschlägen für die Schulgesetzänderungen: „Leider in vielen Punkten nicht zielführend“

Erfurt, 9. Dezember 2022 – Die in den vergangenen Tagen bekanntgewordenen Pläne der Landesregierung zur Änderung des Schulgesetzes sieht der tlv thüringer lehrerverband kritisch. „Nach dem, was wir inzwischen wissen, ist das Vorhaben leider in vielen Punkten nicht zielführend“, konstatiert der kommissarische Landesvorsitzende Frank Fritze. „Die Pläne der Landesregierung werden den Bedürfnissen nicht gerecht. Es stellt sich die Frage, warum nicht vorher mit den Akteuren das Gespräch gesucht wird, statt eine Novellierung auf den Weg zu bringen, die möglicherweise in eine bildungspolitische Katastrophe führt.“

Besonders wichtig sei die Aufrechterhaltung des dreigliedrigen Schulsystems, ergänzt Tim Reukauf, Sprecher des Jungen tlv und Leiter der Arbeitsgemeinschaft Bildungspolitik im tlv. „Aus unserer Sicht sollte die Regelschule das Herzstück der Bildung in Thüringen sein. Aber seit Jahren führt sie ein Schattendasein. Es hat zum Beispiel viel zu lange gedauert, bis die Gehälter der Lehrerinnen und Lehrer dort an das Gymnasialniveau angepasst wurden. Die Pläne der Landesregierung, das Konzept Gemeinschaftsschule weiter voranzutreiben, würden die Regelschulen erneut erheblich schwächen. Wir lehnen das ab.“

Die Form der Gemeinschaftsschulen wäre unterm Strich für niemanden ein wirklicher Gewinn, so Reukauf weiter. „Dort sitzen unter Umständen Kinder mit sonderpädagogischem Fördergutachten neben hochbegabten künftigen Abiturienten. Bis zur Klasse 8 werden alle automatisch versetzt. Auf diese Weise kann weder angemessen gefördert noch gefordert werden.“

Generell spräche sich der tlv gegen das automatische Aufrücken am Ende eines Schuljahres aus, ergänzt Reukauf. „Es nützt keinem etwas, wenn er versetzt wird, im nächsten Schuljahr aber keine Unterstützung für das Aufholen des versäumten Lernstoffes bekommt. Denn dafür reichen die personellen Ressourcen vorne und hinten nicht. Ja, es ist hart, ein Jahr wiederholen zu müssen. Aber viel härter ist es, ein für alle Mal den Anschluss zu verlieren und dann bei den Abschlussprüfungen zu versagen.“

Frank Fritze erklärt ergänzend, dass aus diesen Gründen auch die Besondere Leistungsfeststellung nach der 10. Klasse am Gymnasium beibehalten werden sollte. „Zum einen sollten wir nicht vergessen, warum sie eingeführt wurde. Und zum anderen stellt auch die automatische Zuteilung eines Regelschulabschlusses ohne Prüfung eine Schwächung der Schulform Regelschule dar.“

Ebenfalls nicht noch weiter geschwächt werden dürften die Förderschulen, so Fritze weiter. „Die Förderzentren müssen unbedingt als Orte der Beschulung erhalten bleiben. Hier schließen wir uns den Forderungen der Landeselternvertretung vorbehaltlos an. Denn Inklusion findet noch lange nicht statt, nur weil alle Kinder im selben Klassenraum sind. Solange die Gelingensbedingungen nicht gegeben sind, sollte die Förderschule eine wählbare Alternative sein und bleiben.“

Weitere Punkte, bei denen der tlv nicht mit den Ideen der Landesregierung konform geht, sind:

  • Abschaffung der Noten in Fächern wie Sport, Musik und Kunst: Hier, so Fritze, würde manchen talentierten Schülern die Chance genommen, eventuelle Schwächen in anderen Bereichen auszugleichen.
  • Digital- und Hybridunterricht: „Dieser muss die absolute Ausnahme bleiben, die keinesfalls zur Regel gemacht werden darf. Schule lebt vom Lehrer-Schüler-Kontakt, von der Reaktion auf jeden Einzelnen in seiner Individualität. Und das kann nur vor Ort gelebt werden.“

Insgesamt, so Fritzes Fazit, sollte die Landesregierung endlich aufhören, die graue Realität schönzufärben und immer wieder die Vorgängerregierung für die aktuellen Missstände verantwortlich zu machen. Es sei an der Zeit, so Fritze, „endlich selbstkritisch Bilanz zu ziehen und dann die Probleme gemeinsam mit den an Bildung Beteiligten anzupacken, damit zielführende Entscheidungen getroffen werden können.“