Archiviert: Lehrer in der Grauzone

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

das Arbeiten in der Grauzone gehört inzwischen zu unserem Beruf. Beispiele gefällig?

Die Staatsanwaltschaft prüft zurzeit im „Schulbuchskandal“ den Vorwurf der Bestechung beim Verkauf von Schulbüchern durch einige Thüringer Buchhändler.

Fakt scheint zu sein, dass die Regelungen zur Buchpreisbindung die gegenüber Schulfördervereinen gewährten zusätzlichen Rabatte nicht erlauben. Das Ministerium äußerte sich gegenüber der Presse, es „sorgt dafür, dass den Schulen die Bestimmungen bekannt sind“. Fazit: Das Ministerium hat alles richtig gemacht, sollte was falsch gelaufen sein, dann ist das Ministerium nicht schuld.

Nächstes Beispiel: Durch mehrere Urteile wurde inzwischen klargestellt, dass Lehrpersonen nicht nur mit der Begründung, es seien keine ausreichenden Haushaltsmittel vorhanden, auf die Reisekosten für Klassenfahrten verzichten dürfen. Das Ministerium hat dennoch wieder ein Formblatt für den Verzicht auf Reisekosten verschickt. Denn, man könne ja weiterhin aus anderen Gründen als den fehlenden Haushaltsmitteln auf Reisekostenerstattung verzichten. Somit zwingt es Schulleitungen und Lehrpersonen dazu, eine unrichtige Erklärung abzugeben, damit eine Klassenfahrt trotz fehlender Mittel stattfinden kann.

Und noch ein Beispiel im Zusammenhang mit Klassenfahrten. Wenn eine Lehrperson den von manchen Reiseunternehmen zur Verfügung gestellten Freiplatz in Anspruch nimmt, begibt er sich in die Gefahr der Vorteilsnahme. Ohne mich auf eine repräsentative Erhebung berufen zu können, dürfte sich die Zahl der Klassenfahrten aufgrund der inzwischen zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel um zwei Drittel reduziert haben. Ursachen dafür liegen einerseits in der unveränderten Unterfinanzierung des Bildungswesens und andererseits darin, dass sich das Ministerium immer besser absichert und den Schulleitungen und Lehrpersonen die Verantwortung zuschiebt.

Was können Schulleitungen und Lehrpersonen tun?

Bleiben eigentlich nur „Dienst nach Vorschrift“ und das Weglassen von „Kreativmaßnahmen“, die im Interesse der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen immer wieder gefunden werden. Wir als tlv werden nicht müde, diese Missstände öffentlich zu machen. Melden Sie uns solche Praktiken und denken Sie neben dem Wohl ihrer Schüler auch immer mal wieder an ihren eigenen Schutz.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in das neue Schuljahr.

Ihr
Rolf Busch