Guter Wille allein reicht nicht

Gemeinsame Resolution von tlv und LEV zur Inklusion an Thüringens Schulen

Inklusion muss mehr sein als ein Wort – und auch mehr als eine abstrakte UN-Konvention. Es ist an uns allen, den Begriff mit Leben zu füllen und dafür zu sorgen, dass endlich in die Wirklichkeit übertragen wird, was nach menschlichem Denken und Fühlen eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

Allerdings ist in den vergangenen Jahren der „Gemeinsame Unterricht“ an vielen Schulen eingeführt worden, ohne dass zunächst die Gelingensbedingungen geschaffen wurden. Die Betroffenen werden mit der Bewältigung dieser Herausforderung über weite Strecken allein gelassen. Vielerorts mangelt es noch immer an den notwendigen Voraussetzungen:

  • materiell (barrierefreie Zugänge, gesonderte kleine Gruppenräume neben den Klassenräumen, technische Ausstattung) und
  • personell (konsequente Doppelbesetzung in allen Klassen mit GU, Einsatz von weiteren Professionen sowie Vorbereitungs- und Fortbildungsangebote für die beteiligten Beschäftigten an den Schulen).

Dennoch plant die Landesregierung, in naher Zukunft ein inklusives Schulgesetz auf den Weg zu bringen, das allerdings – nach dem, was wir bisher darüber wissen – nicht zu einem akzeptablen Ergebnis führen kann: Denn nach wie vor fehlen an vielen Orten die grundlegenden Ressourcen.

Der tlv und die LEV fordern deshalb von den Verantwortlichen in der Bildungspolitik, die Verabschiedung eines inklusiven Schulgesetzes für den Freistaat Thüringen so lange auszusetzen, bis die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  1. In allen Klassen, in denen Gemeinsamer Unterricht stattfindet, muss es eine konsequente Doppelbesetzung geben.
  2. Hierfür sind die notwendigen zusätzlichen Lehrkräfte über den bestehenden Bedarf hinaus einzustellen (nach einer Studie sind das mehr als 600).
  3. Alle Thüringer Schulen müssen mit barrierefreien Zugängen sowie den erforderlichen Räumlichkeiten und technischen Mitteln für eine gelingende Inklusion ausgestattet werden.
  4. Für alle Lehrerinnen und Lehrer, die im Gemeinsamen Unterricht eingesetzt werden sollen, gilt es ein geeignetes Vorbereitungs- und Weiterbildungsangebot zu schaffen.
  5. Der Stundenpool muss ausreichend Raum für notwendige Besprechungen aller am GU beteiligten Lehrpersonen lassen.
  6. Es sind wirklich funktionale Förderzentren einzurichten, in denen tatsächlich auch Unterricht stattfindet, und nicht wie geplant nur noch die Existenz von Kompetenz- und Beratungszentren ohne Schüler.
  7. Zur Evaluation von Gemeinsamem Unterricht und der Förderschullandschaft in Thüringen wird ein wissenschaftliches Gutachten von tatsächlich unabhängigen Wissenschaftlern erstellt. Dabei leistet ein Beraterkreis aus Thüringer Praktikern Unterstützung.

Rolf Busch, tlv Landesvorsitzender; Stefan Nüßle, Landeselternsprecher

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