„Dass wir noch keine Schulgesundheitsfachkräfte haben, liegt ausschließlich am mangelnden Willen der Politik“

tlv wiederholt im Rahmen seiner Landeshauptvorstands-Klausur die Forderung nach Schulgesundheitsfachkräften

Weimar, 05.11.2022 – Im Rahmen seiner Klausurtagung appelliert der Landeshauptvorstand des tlv thüringer lehrerverband an die Landesregierung, endlich das Koalitionsversprechen zum Thema multiprofessionelle Teams in den Schulen einzulösen. Ein besonderes Augenmerk lenkt Frank Fritze, der stellvertretende tlv-Landesvorsitzende, dabei auf die Schulgesundheitsfachkräfte.

„Dass wir in Thüringen immer noch keine Schulgesundheitsfachkräfte haben, liegt ausschließlich am mangelnden Willen der Politik“ konstatiert Fritze. „Denn von allen Maßnahmen zur Einrichtung der versprochenen multiprofessionellen Teams ist die Einstellung von Schulgesundheitsfachkräften wohl die kostengünstigste. Wir wissen aus einem Modellversuch in Hessen und Brandenburg, dass sich diese Maßnahme praktisch finanziell selbst trägt.“ Fritze verweist in diesem Zusammenhang auf das von der Technischen Hochschule Mittelhessen erstellte abschließende Gutachten zu besagtem Modellversuch, das unter anderem die ökonomischen Vorteile belegt: Aufgrund des dank der Anwesenheit von Schulgesundheitsfachkräften selteneren Hinzurufens von Rettungswagen konnten demnach landesweit pro Jahr

  • zwischen 102.000 € und 112.000 € an den Grund- und Oberschulen in Brandenburg,
  • zwischen 189.000 und 193.000 € an den hessischen Gymnasien und
  • zwischen 540.000 € und 515.000 € an den hessischen Gesamtschulen

eingespart werden.

„Hinzu kommen die Einsparungen im Bereich der Heilbehandlungen bei schulischen Unfällen“, ergänzt Fritze. „Für Hessen liegen diese bei 2.044.000 € bis 2.236.000 € pro Jahr – das sind 20 Prozent der jährlichen Gesamtkosten für schulische Unfälle. In Anbetracht der extrem hohen Zahl an Unfällen, die sich im Umfeld Schule ereignen – im Jahr 2019 waren es deutschlandweit fast 900.000 – kann die Etablierung von Schulgesundheitsfachkräften allein schon aufgrund des enormen direkten Einsparpotenzials als ökonomisch sinnvoll bezeichnet werden.“

Zudem, so Fritze weiter, ergäben sich auch indirekte Einsparungen: Denn in dem Maße, in dem Schülerinnen und Schüler mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder Epilepsie zuverlässig von einer medizinischen Fachkraft in der Schule betreut würden, könnten deren Eltern in größerem Umfang dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Die auf diese Weise gewährleistete aktive Förderung der Teilnahme chronisch kranker Kinder und Jugendlicher am Unterricht erhöhe zudem deren Chancen auf höhere Bildungsabschlüsse und das Ergreifen der entsprechenden Berufe. Hieraus ergäben sich laut dem Gutachten je nach Fall Wertschöpfungssteigerungen im hohen fünf- bis mittleren sechsstelligen Bereich pro betroffener Familie.

Allerdings hätte die flächendeckende Einstellung von Schulgesundheitsfachkräften nicht ausschließlich finanzielle Vorteile, betont Fritze. „Wir führen diese deshalb so detailliert aus, weil sie möglicherweise das stärkste Argument für die Politik liefern, diese Maßnahme endlich umzusetzen. Aber die Anwesenheit von Schulgesundheitsfachkräften leistet auch einen entscheidenden Beitrag zur Reduktion von Stress bei Lehrern und Erziehern. Zudem wirkt sie inklusionsfördernd: Denn wenn medizinische Hilfe vor Ort ist und die Lehrer sowie die Klasse über bestimmte Erkrankungen und Notfallmaßnahmen aufgeklärt werden, dann können auch Kinder mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Asthma oder Epilepsie regelmäßig an Schulaktivitäten teilnehmen.“

Der Landeshauptvorstand – nach der Landesdelegiertenversammlung das zweithöchste Gremium des tlv – fordert deshalb die flächendeckende Einstellung von Schulgesundheitsfachkräften nach dem Hessischen Modell als erste, aber nicht abschließende Maßnahme zur Umsetzung des Koalitionsversprechens „multiprofessionelle Teams in den Schulen.“