tlv betrachtet das neue Schulgesetz mit Skepsis

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

am 27.11.2018 hat die Landesregierung nun ihren Entwurf für ein neues Thüringer Schulgesetz vorgelegt. Bei uns in der tlv-Landesleitung war die erste Reaktion: Skepsis. Denn inwieweit das nun der „große Wurf“ des Ministeriums ist, wird die Zukunft zeigen müssen.

Zu bemängeln ist vor allem, dass das neue Gesetz wieder neue Aufgaben für Lehrpersonal und Schulleitungen beinhaltet, ohne jedoch Möglichkeiten zur Entlastung aufzuzeigen. Die angestrebten Kooperationsmodelle zum Beispiel bedeuten ja nicht, dass man mit weniger Personal auskommt. Der Mangel bleibt also, und zusätzlich kommen weitere Herausforderungen wie die Frage nach der Aufsicht beim Campusmodell hinzu.

Auch die von der Landesregierung geforderte „Inklusion mit Augenmaß“ sehen wir noch in weiter Ferne. „Durch den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen, der diese zur individuellen Förderung aller Schüler verpflichtet, ist eine Individualisierung als durchgängiges Prinzip des Lehrens und Lernens festgeschrieben“, heißt es in der Nouvelle. Wir alle wissen: Papier ist geduldig. Aber nach wie vor gibt es weder die im Rahmen unserer tlv Landesdelegiertenversammlung im November 2018 erneut geforderte permanente Doppelbesetzung in den inklusiven Klassen, noch sind die dringend notwendigen multiprofessionellen Teams flächendeckend im Einsatz. Es wird also wieder nur die Forderung nach der Umsetzung formuliert, ohne dass jedoch konkrete Lösungsvorschläge und Erfolgsinstrumente für die Inklusion mitgeliefert werden.

Auch die Problematik der Mindestgrößen für Schulen und Klassen betrachten wir mit einem gewissen Misstrauen, denn im Artikel 2 (weitere Änderung des Thüringer Schulgesetzes) behält sich das Ministerium vor, per Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage unter anderem zur Regelung der Aufstellung und Fortschreibung von Schulnetzplänen sowie zu deren Zustimmung durch Rechtsverordnung (§ 41 Abs. 4) einzugreifen.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Digitalisierung. Dazu heißt es in der Nouvelle, da „es sich vorwiegend um kostenintensive Maßnahmen handelt, sind deshalb die finanziellen Möglichkeiten des jeweiligen Schulträgers zu berücksichtigen.“ Dies beträfe sowohl die Ausstattung der jeweiligen Schule mit der erforderlichen Technik, einschließlich deren Wartung, als auch die Ausstattung der Schüler. Die Schulträger werden sich freuen …! Mal ganz abgesehen davon, dass nun auch „die im Rahmen der Fortbildung entstehenden Kosten, um die Lehrer im Hinblick auf den Umgang mit neuen Medien sowie die Anwendung digitaler Lernumgebungen adäquat vorzubereiten, bei Bedarf im Rahmen der zur Verfügung stehenden Fortbildungsbudgets abzudecken“ sind.

Eines hätte ich fast vergessen: „Die Schule nimmt unter Berücksichtigung der personellen Voraussetzungen in angemessenen Zeitabständen an externen Evaluationen teil. Diese werden von Expertenteams, die im Auftrag des für das Schulwesen zuständigen Ministeriums tätig sind, durchgeführt. […] Zeigt sich im Ergebnis der externen Evaluation ein schulischer Unterstützungsbedarf, so ist dieser von der Schule gegenüber dem Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien anzuzeigen. Dieses leitet entsprechende Unterstützungsmaßnahmen ein.“

Aha. Stellt das ThILLM seit Neustem Lehrkräfte ein?

Das Gesetz soll im August 2020 in Kraft treten. Im nächsten Jahr sind Landtagswahlen in Thüringen. Es wäre nichts Neues, wenn es dann wieder einmal hieße: „Viel Lärm um Nichts und alles zurück auf Anfang.

Der tlv wird auf jeden Fall die weitere Entwicklung kritisch und konstruktiv begleiten. Lassen Sie uns gern auch wissen, was Ihnen zu dem Thema durch den Kopf geht.

Ihr Frank Fritze, stellvertretender Landesvorsitzender