Schulen nach dem Digitalpakt: Noch immer fehlen Endgeräte

Erfurt, 05.02.2024 – Trotz des bundesweiten „Digitalpakts Schule“ verfügt eine von zehn Schulen in Thüringen (9 Prozent) über keinen einzigen vollständigen Klassensatz an digitalen Endgeräten. Gleichzeitig gibt nur ein Prozent der Schulen an, genügend Geräte für alle Schülerinnen und Schüler zur Verfügung zu haben.

Dies ergab eine Umfrage, die der tlv thüringer lehrerverband vom 1. bis 5. Februar 2024 unter Schulleitungen in Thüringen durchgeführt hat. Knapp neun Prozent der 800 angeschriebenen staatlichen Schulen haben teilgenommen. Repräsentativ seien die Ergebnisse nicht, erklärt der tlv-Landesvorsitzende Tim Reukauf – aber sie unterstützen und ergänzen eine am heutigen Vormittag vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) veröffentlichte bundesweite forsa-Studie.

Der VBE, dessen Landesverband der tlv ist, beauftragt bereits seit 2018 das Sozialforschungsinstitut forsa mit der Durchführung der repräsentativen Berufszufriedenheitsumfrage unter Schulleitungen. Ein Schwerpunkt der Umfrage aus dem Herbst 2023 war der Themenbereich Digitalisierung. Über 1.300 Schulleitungen haben dabei ihre Einschätzungen zur digitalen Ausstattung ihrer Schule und weiteren Aspekten rund um Digitalisierung abgegeben. Weil es keine Teilerhebung für Thüringen gibt, hat der tlv in Eigenregie dieselben Fragen den Thüringer Schulleitungen gestellt.

Bundesweit haben zehn Prozent der befragten Schulen angegeben, keinen einzigen Klassensatz an digitalen Endgeräten zu besitzen – das deckt sich mit dem Ergebnis aus Thüringen. Allerdings ist der Anteil an Schulen, die komplett, also für alle Klassen, damit ausgestattet sind, bei 15 Prozent und damit signifikant höher als in Thüringen.

Am Mittelabruf liegt es nicht – und auch nicht an den Lehrkräften

Die Ursache für die fehlenden Geräte dürfte nicht darin zu finden sein, dass die Schulen die Mittel aus dem sogenannten Digitalpakt nicht abgerufen haben: 92 Prozent der an teilnehmenden Thüringer Schulen haben die Frage nach dem Mittelabruf bejaht. Bundesweit sind es 90 Prozent.

Und auch der Wissensstand der Lehrkräfte dürfte nicht zu den Ursachen für den Digitalisierungsstau zählen: 54 Prozent der Thüringer Schulleitungen haben angegeben, dass nahezu alle Lehrkräfte an ihrer Schule bereits an mindestens einer Fortbildung zum Einsatz digitaler Endgeräte teilgenommen haben, weitere 16 Prozent geben diesen Anteil mit „drei Viertel“ an. Bundesweit liegen diese Werte bei nahezu identischen 54 und 14 Prozent.

Die Frage, wie gut der Lehrernachwuchs auf den Einsatz digitaler Endgeräte vorbeireitet ist, haben in Thüringen 18 Prozent der Schulleitungen mit „sehr gut“ und 59 Prozent mit „gut“ beantwortet. In der bundesweiten forsa-Befragung gaben 61 Prozent an, die Absolventinnen und Absolventen seien sehr gut oder gut dafür ausgebildet.

„Digitalisierung scheitert vor allem an technischen Voraussetzungen“

Die Umfrage zeige, so der tlv-Landesvorsitzende Tim Reukauf, dass die wesentlichen Herausforderungen für den Digitalisierungsschub in den Thüringer Schulen vor allem technischer Natur seien. „Das Personal tut, was es kann – aber wenn die Leitungen und Endgeräte nicht da sind, nützt auch die beste Aus- und Fortbildung nichts“, resümiert Reukauf.

Der tlv schließe sich deshalb den Forderungen des Bundesverbandes an, der die Verantwortlichen in der Politik dazu aufruft, gemeinsam die Finanzierung für ein weiteres Vorantreiben der Digitalisierung zu sichern und Planungssicherheit herzustellen. Darüber hinaus fordert die Interessenvertretung,

  • die Lehrkräfte zu entlasten, entweder durch externe Unterstützung oder Entlastungstunden in Höhe der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit,
  • die Gleichwertigkeit der Lernverhältnisse zu sichern, indem die Infrastruktur entsprechend optimiert wird (Glasfaserausbau/Breitbandinternet),
  • Rechtssicherheit zu schaffen (Datenschutz und Haftbarkeit),
  • Fortbildungsangebote sowohl quantitativ als auch qualitativ weiter auszubauen und die Nutzung der Angebote möglich zu machen,
  • Digitalisierung als Thema in der Lehrkräfteausbildung fest zu verankern und methodisch gut aufbereitet zu vermitteln.