tlv nach Landtagsdebatte: „Gendergerechte Sprache sollte weder verboten noch erzwungen werden“

Erfurt, 02.02.2024 – Der tlv thüringer lehrerverband reagiert mit Erleichterung auf die während der heutigen Plenarsitzung abgelehnten Anträge der  CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion zu einem Verbot der sogenannten gendergerechten Sprache unter anderem in den Schulen.

„Uns ist bewusst, dass das Thema gendergerechte Sprache ein Reizthema ist“, erklärt der tlv-Landesvorsitzende Tim Reukauf. „Auch bei uns im Verband gibt es unterschiedliche Meinungen dazu. Wir wissen, dass die Kolleginnen und Kollegen das im Unterricht sehr unterschiedlich handhaben – eben weil es bisher weder ein Ver- noch ein Gebot hierzu gibt. Diese Vielfalt ist nicht das Schlechteste, denn sie bildet das aktuelle Stimmungsbild ab. Und auch in den Medien finden sich verschiedene Formen vom kompletten Verzicht über das Ausschreiben der männlichen und weiblichen Form bis hin zum Binnen-I oder Sonderzeichen.“

Dies, so Reukauf, spiegele den gesellschaftlichen Ist-Zustand wider. „Momentan befinden wir als Gesellschaft uns diesbezüglich in einer Findungsphase, die wohl noch einige Zeit dauern wird. Bei den Schülerinnen und Schülern erleben wir, dass sie oftmals sehr offen für den Gedanken hinter der gendergerechten Sprache sind, während gerade ältere Menschen dem Ganzen häufiger skeptisch gegenüberstehen, da es ihren Gewohnheiten widerspricht. Aber es war schon immer so: Sprache verändert sich ebenso wie sich die Gesellschaft verändert. Und diese Veränderung muss in einer freien Umgebung stattfinden können. Ein Verbot der gendergerechten Sprache halten wir deshalb für grundfalsch – in den Schulen ebenso wie in den Behörden.“

Hinzu komme laut Reukauf das Signal, das die junge Generation von einem solchen Verbot erhalten würde. „Kritiker der gendergerechten Sprache führen ja gern das Argument an, diese werde der Gesellschaft von oben aufgezwungen. Tatsächlich erleben wir in den Schulen aber eher das Gegenteil: Für die jungen Menschen ist es mittlerweile ganz selbstverständlich, kommt also demografisch betrachtet eher von unten in die Gesellschaft hinein. In den Sekundarstufen I und II setzen sich die Schülerinnen und Schüler sehr bewusst mit der Thematik auseinander und entscheiden sich dafür, beim Schreiben und Sprechen alle Gender-Identitäten mit einzubeziehen – nicht zuletzt auch deshalb, weil sie mit den verschiedenen persönlichen Erfahrungen im Umgang mit der eigenen Körperidentität konfrontiert werden und das nicht immer positive Erfahrungen sind. Das Verbot ließe sich also nicht nur schwer durchsetzen – es wäre auch ein furchtbares Signal der Intoleranz an die nachfolgende Generation.“

Der tlv spreche sich deshalb dafür aus, in puncto gendergerechte Sprache sowohl ideell als auch in Bezug auf die verwendeten Unterrichtsmaterialien Wahlmöglichkeiten zuzulassen. „Ebenso wenig, wie man die gendergerechte Sprache verbieten sollte, sollte sie erzwungen werden.“