tlv zur aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung: Veröffentlichung bietet Anlass zur Sorge

Erfurt, 25.01.2024 – Die Veröffentlichung der aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung zur Entwicklung des Bedarfs an Grundschullehrern bietet aus Sicht des tlv thüringer lehrerverband Anlass zur Sorge. „Es wäre fatal, wenn die mit der Studie transportierte Botschaft die Politik nun zu mehr Gelassenheit im Umgang mit der katastrophalen personellen Situation in den Schulen veranlassen würde“, konstatiert der tlv-Landesvorsitzende Tim Reukauf. „Denn selbst wenn die Prognosen sich genau so erfüllen, brauchen wir jede Kollegin und jeden Kollegen, um das System Schule besser und zukunftsfähiger zu machen.“

In den Berechnungen der Stiftung, so Reukauf, gebe es jedoch auch viele unbekannte Variablen. „Faktoren wie die demografische Entwicklung aufgrund von Zuzügen und Migration sind nicht eingerechnet, ebenso wenig die leider steigende Zahl an Langzeiterkrankten. Deren Stellen gelten als besetzt, obwohl sie vor Ort fehlen und – wie unsere eigenen Umfragen regelmäßig aufzeigen – auch nicht vollumfänglich neu besetzt werden können. Auch sehen wir in den letzten Jahren eine Tendenz zum vorzeitigen Ruhestand, weil Menschen den Belastungen des Berufes entkommen möchten. Hinzu kommen mögliche Studienabbrecher und die Seiteneinsteiger, die schon nach wenigen Jahren wieder aus dem Beruf aussteigen.“ Zudem, so Reukauf, sei die Verteilung des Personals und damit auch der Mangel in den verschiedenen Regionen nach wie vor sehr unterschiedlich.

„Wir möchten nicht falsch verstanden werden“, betont der tlv- Landesvorsitzende. „Auch wir hoffen auf die prognostizierte Entwicklung. Diese Hoffnung darf aber nicht dazu führen, dass jetzt reflexartig die Maßnahmen zur Personalgewinnung heruntergefahren werden. Dieser Fehler wurde in der Vergangenheit gemacht und hat bis heute fatale Folgen. Wir haben erlebt, dass die Geburtenraten unter Umständen sehr viel schneller wieder steigen als die Personalbestände.“

Der tlv schließe sich deshalb dem Verband Bildung und Erziehung (VBE), dessen Landesverband er ist, bei seiner Forderung nach einer 110-prozentigen Personalversorgung an. „Es gab in Thüringen schon einmal das Konzept einer sogenannten Vertretungsreserve. Dieses Ziel ist aufgrund der prekären Situation in den letzten Jahren komplett in den Hintergrund gerückt, weil es unerreichbar war. Vielleicht ist genau jetzt die Zeit, wieder daran zu arbeiten – gern auch unter Einbeziehung des Vorschlags, Grundschullehrer auch für das Unterrichten der Klassenstufen 5 und 6 zu qualifizieren. Dies setzt natürlich eine Neubetrachtung der Eingruppierung bzw. Laufbahn voraus.“