TMBJS gesteht eigenes Versagen ein – ein Kommentar des Jungen tlv

(ein Kommentar zum Zeitungsartikel der TA vom 16.01.2021 „Automatische Versetzung vorgeschlagen“ von Elmar Otto)

Erfurt, 18.01.2021 – Mit dem aktuellen Vorschlag der Linken-Landtagsfraktion, aufgrund der Corona-Krise eine automatische Versetzung aller Schüler in die nächste Jahrgangsstufe bis hin zu den Abschlussklassen zu bewilligen, obwohl die dafür notwendigen Grundlagen nicht ausreichen, gesteht das TMBJS sein eigenes Versagen in Bezug auf Distanzunterricht ein.

Statt, wie Minister Holter verlangt, „[d]ie Regelungen in diesem Schuljahr neu anzupassen“, fordert der tlv, dass das TMBJS eher bemüht sein sollte, das schulische Lernen im Distanzunterricht zu ermöglichen. Es kann nicht Zweck sein, an einer empfindlichen Stellschraube der Schullaufbahn zu friemeln, aber das ganze Getriebe des Schulalltags weitestgehend vernachlässigt zu lassen.
Zudem beweist die Aussage des LINKEN-Bildungspolitikers Torsten Wolf, dass den unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrern in der „Klassenkonferenz als beratendes Gremium zur Unterstützung der Schüler bei ihrer Orientierung“ die Verantwortung für ein „freiwilliges Wiederholen“ übertragen werden soll. Somit entzieht sich das Ministerium der Verantwortung, für seine eigene Schulpolitik gerade zu stehen.

Kindern, die bereits letztes Schuljahr trotz mangelhafter Leistungen versetzt wurden, wird mit dem aktuellen Gnadengesuch des Bildungsministeriums ein Weg unterbreitet, den sie aufgrund ihrer Vorleistungen nicht bewältigen können. Die Folgen sind, dass Kinder verlernen, ihre eigentlichen Leistungen einzuschätzen, sie tappen gleichwohl in die Falle, auf einem brüchigen Fundament ihre weitere Schullaufbahn bestreiten zu müssen, was voraussichtlich nur von wenig Erfolg geprägt sein wird.

Unbestreitbar wird hier deutlich, dass mit diesem Versöhnungsvorschlag nur einem geholfen werden soll: sich selbst. Denn das Bildungsministerium vertuscht damit sein Versagen in der Corona-Bildungspolitik:

  1. Versagen dadurch, dass zu spät zu wenige Fortbildungsmöglichkeiten angeboten werden, um Lehrern und Schülern den Schritt in das Distanzlernen zu erleichtern.
  2. Versagen dadurch, dass kaum Kooperationen mit entsprechenden Ministerien stattfinden, um zuverlässigen Breitbandausbau in Thüringen voranzubringen und damit das Lehren und Lernen zu erleichtern.
  3. Versagen dadurch, dass durch stark restriktive Nutzungsvorgaben der digitaldidaktische Spielraum für Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler massiv eingegrenzt wird. Dies beinhaltet eine zu späte Mitteilung, welche datenschutzkonformen Plattformen überhaupt genutzt werden dürfen, aber auch das Nichtbereitstellen einer funktions- und überlebensfähigen Schulcloud, die allen Anforderungen modernen und digitalen Unterrichts gerecht wird, sondern als günstiges Mängelexemplar den Schein von Aktualität erwecken soll.

Wir, der tlv, stellen dadurch fest, dass durch all diese halbherzigen, vom Bildungsministerium bereitgestellten „Möglichkeiten“ die Chancen auf ein erfolgreiches Schuljahr vertan wurden.

Wir, der tlv, sind sicher, dass Schülerinnen und Schülern durch eine automatische Corona-Versetzung keine Chance gegeben, sondern eine Chance genommen wird. Und auch diejenigen Schülerinnen und Schüler werden abgestraft, die trotz Distanzunterricht alles geben und gute Leistungen erbringen, denn darauf kommt es in diesem Schuljahr wohl nicht an.

Wir, der tlv, fordern deshalb dazu auf, dass dementsprechend eher darüber nachgedacht werden sollte, denjenigen Schülerinnen und Schülern, die durch die aktuelle Krise den Anschluss verloren haben, das Angebot zu unterbreiten, ausschließlich in diesem Schuljahr einmal mehr auf eine freiwillige Wiederholung des Schuljahres zurückgreifen zu können (ggf. auch zum Halbjahr), als es in der aktuellen Schulordnung festgeschrieben ist. Nur so kann es gelingen, doch noch auf den Bildungszug aufspringen zu können, den Teile der Schülerschaft durch das Versagen des Ministeriums verpasst haben. Nur durch zuverlässig erworbene und gefestigte Grundlagen ist ein erfolgreicher Aufstieg und das Bewältigen einer aussichtsreichen Schullaufbahn möglich!

Jessica Aniol, Junger tlv